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DER KOMET KOMMT

In Kärnten kommt ein Mann nach einer ausgedehnten Zechtour spätabends nach Hause. Es ist kalt daheim und ihn friert. Um sich zu wärmen will der Mann einheizen. Er verwechselt in volltrunkenem Zustand den Kleiderkasten mit dem Ofen und kommt in den Flammen um (Kurier vom 12.12.90).

In der spanischen Ortschaft Villagarcia de Carril stirbt ein Hausschwein an den Folgen einer Überdosis Haschisch (Kronenzeitung vom 13.12.90). Anm.: Welche Dosis Haschisch wäre für ein Hausschwein angemessen?

Ein Lokführer hält den von ihm geführten Zug an und verläßt die Lok. Der Zug setzt sich von selbst in Bewegung. Dem Lokführer gelingt es nicht, auf den Zug aufzuspringen und diesen anzuhalten. Der Zug rollt 6km weit zurück, ehe er von alleine stehen bleibt. Die Fahrgäste haben sich ruhig verhalten (Nachrichten im Rundfunk am 13.12.90).

Für alle, die es genau wissen wollen, sei es auf den kleinsten gemeinsamen Nenner gebracht: Der Gebrauch idiotischer Redewendungen ist angesagt. Die Gefahr des plötzlichen Auftauchens von Modewörtern, deren Sinn niemand genau kennt, ist größer als je zuvor. Die uns allen liebe und werte Englische Sprache, welche bisher zwar stetig, aber langsam einen Kuckuck nach dem anderen in unser Sprachnest gesetzt hat, beginnt nun, als wäre der Damm gebrochen, uns ganze Sätze zu unterjubeln.

Würde es sich bei den Redewendern und Wort-Modegecken nur um Sport- oder Gesellschaftsreporter handeln, so wäre die Angelegenheit keiner weiteren Erwähnung wert; tatsächlich sind aber bereits angesehene Kommentatoren und Redakteure aller Massenmedien von den genannten Sprachschwächen befallen.

Das Werbefernsehen entgeht zumindest den Redewendungen wenigstens teilweise, dafür aber wird in zunehmendem Maße wird in der Englischen (bzw. Amerikanischen) Sprache geworben: Fun, fun, we have fun; shops (ausgesprochen: Schapps) for winners; look at xy now; show me all your extras; big little fellow; and so on, and so away (usw., usf.) Die Österreicher, plötzlich ein Volk von Englischsprechern!

Der Seher überzeugt sich zunächst unwillkürlich, daß er den richtigen Sender eingestellt hat bzw. daß nicht die Satellitenschüssel des Nachbarn undicht geworden ist und irgendein Programm beispielsweise aus Honolulu (warum sollen die dort nicht das neue Plitzplotz verwenden?) in seinen Fernseher ausrinnt. Nachdem er erkannt hat, was wirklich gespielt wird, geniert er sich, weil er ganz offensichtlich nicht so gut Englisch kann wie der Durchschnittsbürger, der sich in dieser Sprache erst so richtig angesprochen (und zum Konsum animiert) fühlt.

Betrachtet man allerdings die Englischkenntnisse des Durchschnittsbürgers genauer, so könnte man eher an eine staatlich geförderte bzw. gelenkte Aktion glauben, welche im Zuge eines ganzheitlichen zweiten Bildungsweges versucht, des Bürgers Kenntnisse durch meuchelhaften Englischunterricht zu erweitern: Big Brother is teaching you!

Ganz plausibel scheint natürlich auch diese Erklärung nicht: Warum sollte man der Bevölkerung die Englische Sprache beibringen, wenn sie nicht einmal des Deutschen mächtig ist? Aber was ist denn schon logisch heutzutage! Vielleicht soll es auch unterschwellig heißen: Seht her, sogar die Amerikaner nehmen unser Produkt, da ist es für Euch ja noch lange gut genug!

Was die oben zitierten Redewendungen und Modewörter anlangt: Man könnte natürlich versuchen, noch das Beste daraus zu machen, beispielsweise ein Hörspiel. Der Butler betritt den Raum und hüstelt leise: "Der Handlungsbedarf ist angesagt, Madam!" Oder: "Ich vergaß zu bemerken, Sir, daß die Persilscheine schon ausgestellt sind. Ich habe mir erlaubt, sie auf den Punkt zu bringen! Ich habe übrigens die Kammerzofe von Mylady entlassen müssen, da sie in jüngster Zeit zusehends obsolet geworden ist wie die Österreichische Neutralität." Man könnte; aber wer zwingt uns eigentlich dazu, uns an immer neuen und immer gröberen sprachlichen Unfug zu gewöhnen?